FAQs Thema Ureinwohner

Häufig gestellte Fragen

Wie ich aus Zuschriften und Diskussionen ersehe, ist das Thema Ureinwohner eines, das zwar auf ein enorm großes Interesse stößt, das aber zugleich den meisten nicht besonders vertraut ist.  Es sind nicht besonders viele Informationen darüber zugänglich.  Ich habe daher Antworten mir auf häufig gestellte Fragen verfasst.  Sie beziehen sich auf die Irular Adivasi, die ich persönlich gut kenne.  Im Prinzip gilt ein Großteil meiner Ausführungen auch für ganz andere Ethnien, auch wenn sich die Indigenenkulturen unter Umständen erheblich voneinander unterscheiden. 

Wenn Sie noch weitere fragen haben, können sie uns gerne eine Mail schicken!

 

Wer sind eigentlich die Irular?

Viele wird das überraschen, aber in Indien lebt nach Afrika die größte Anzahl an noch naturnah lebenden Völkern (indigene Völker, Ureinwohner, in Indien Adivasi).  Die Ureinwohner werden auf 8 Prozent der Gesamtbevölkerung, das sind etwa Einhundertmillionen Menschen, geschätzt.  (Es spricht einiges dafür, dass das noch weit untertrieben ist und ihre tatsächliche Zahl bei 10 % oder darüber liegt.)  Die Zahl der Adivasi Ethnien (Völker) – oft mit eigner Sprache - liegt bei 700.  Die Irular sind eine der kleineren in Südindien ansässigen Gruppe.  Ich selbst schätze ihre Gesamtzahl auf etwa 500 000. 

1976 wurden sie durch eine forstamtliche Verfügung aus ihrer Heimat, der Wildnis vertrieben, wo sie als Jäger und Sammler lebten.  Seither wohnen  sie in winzigen über Tamil Nadu, auch angrenzende Bundesländer, verstreuten Weilern.  (Im Gegensatz dazu leben die  Adivasi Ethnien in Ostindien als einfache Landbebauer in weitgehend geschlossenen großflächigen Siedlungsgebieten)    

Wenn Irular Gemeinden in den 70er Jahren aus ihren Wäldern vertrieben worden, sind sie dann nicht längst an die Mehrheitsbevölkerung angepasst?

Nein das sind sie nicht!  Die Mehrheitsbevölkerung lehnt die Adivasi generell ab.  Obwohl es so viele sind, sind sie eine bedroht Minderheit, die von den andern bedrückt und ausgenützt wird.  Sie können zumeist nicht lesen und schreiben, haben deshalb keine Möglichkeit die durchaus begrüßenswerten Rechte, die ihnen die Verfassung einräumt, selbst geltend zu machen.  (Deshalb ist es auch so wichtig, dass „Zukunft Irular“ ihnen dabei Unterstützung zukommen lässt!)  Sie kriegen wegen ihrer mangelnden Ausbildung aber auch keine Arbeit, von der sie wirklich leben können.  Die Mehrheit von ihnen ist ziemlich unterernährt. 

Die Behörden verfolgen sie und nehmen ihnen ihr Land weg.  Eine solche Aktion, habe ich selbst erlebt. (Glücklicherweise konnte ich einige dagegen unternehmen.) 

Das die Adivasi Frauen immer wieder sexuellen Gewaltakten von Höherkastigen ausgesetzt sind, ist ein besonders übles Kapitel.

 

Warum können sie nicht Lesen und Schreiben? 

Die Mehrheit aller Adivasi, nicht nur der Irular, mindestens 90 Prozent von ihnen, kann das nicht.  Nicht weil sie das nicht wollten. sondern weil sie keine Gelegenheit dazu hatten, es zu erlernen.  Die meisten staatlichen Schulen haben die Kinder „der Wilden“ abgewiesen.  Die Schulpflicht steht in Indien weitgehend immer noch nur auf dem Papier -  wenn auch in letzter Zeit Änderungen angestrebt werden. 

 

Inwiefern leben sie noch naturnah? Inwiefern haben sie noch ihre eigene Kultur? 

Die Irular, mit denen wir zu tun haben, müssen ihr kümmerliches Leben mit total unterbezahlter Schwerarbeit fristen.  Arbeitslosigkeit ist verbreitet.  Dennoch haben sie sich nicht völlig von ihrem traditionellen Leben abgelöst.  Wenn sie nur etwas Zeit haben, rücken sie, mehrere Familien zusammen, aus um Heilkräuter und nahrhafte Pflanzen zu sammeln.  Manchmal gehen sie auch gemeinsam mit Netzen und Stäben auf Kleintierjagd.  So können sie etwas ihren Speisezettel verbessern, insbesondere in neuerer Zeit, da ihnen der Zutritt und in gewissem Umfang die Nutzung der Wildnis wieder gestattet ist.  Das geht natürlich nur da, wo noch Savanne erhalten ist. 

Die Innigkeit, mit der die Irular sich den Erscheinungen der Natur zuwenden, ist beeindruckend.  Sie sind mit jeder einzelnen Pflanze, ihrem Nährwert, ihrer medizinische oder sonstige Wirkung, vertraut.  Frauen stimmen, wenn sie auf bestimmte hübsche Blüten treffen, ganz spontan ein Lied an.  Sie sind sich bewusst, dass sie, solange sie im Gelände leben durften, die Wälder geschützt hatten.  Und sie beklagen, dass jetzt durch Zersiedlung, Bergbau u.s.w. alles zerstört wird. 

 

Warum sollen sie eigentlich ihre Kultur behalten? 

Das ist sicherlich eine interessante Frage!  In ihr schwingt so ein bisschen der Vorwurf mit, dass, wer den Erhalt von Kulturen fördert, die – so meint man – eigentlich nicht mehr so ganz zeitgemäß seien, lediglich einem sentimentalen Romantizismus huldige! 

Dem ist aber nicht so:  Die einflussreiche Mehrheitsgesellschaft ist immer noch in einem kruden Kastesystem mit steiler Hierarchie befangen.  Kontrolliert und dominiert wird es von alten Männern.  Frauen sind weitgehend unterdrückt und ihrer Rechte beraubt, was gravierende psychische Auswirkungen hat.  Der Staat ist demokratisch verfasst, aber die Mehrheitsgesellschaft ist es nicht.  Die Kultur der Irular hingegen beruht auf Gleichberechtigung, hat eine ganz flach hierarchische Struktur, ist durchaus demokratisch.  Das heißt aber doch, dass die Lebenswirklichkeit und kulturellen Vorstellungen der Irular Adivasi mit Abstand wesentlich besser zu unserer eigenen Vorstellungen von gesellschaftlicher Wirklichkeit passen, als die der Mehrheitsgesellschaft. 

Die Aufgabe der Irular Kultur zu Gunsten einer Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft wäre also ein gewaltiger und unverzeihlicher sozialer und durchaus auch politischer Rückschritt.  Warum – um Himmels willen -  sollen die Irular eine autoritäre Kultur und damit auch eine leidvolle Lebensweise auf sich nehmen? 

 

Sollen wir uns wirklich einmischen?  Wäre es nicht besser sie sich selbst zu überlassen?  Was geht das alles eigentlich uns an? 

Nun – es waren Menschen aus unserer westlich genannten Zivilisation, die ganz Ureinwohnervölker ausgerottet, versklavt in die Verarmung getrieben haben.  Jetzt, da zumindest einige von uns zu einer menschlicheren Auffassung gelangt sind -  sollten wir uns wirklich darum drücken, das Überleben wenigstens einiger Ureinwohner zu unterstützen, wenn wir die Gelegenheit dazu haben ihnen beizustehen?

Aber wissen wir denn wirklich, wie vorzugehen ist, damit wirklich ein Erfolg erreicht wird?

Ich halte nach allen Erfahrungen überhaupt nichts davon fertige Rezepte zu befolgen.  Es ist aber durchaus möglich im Gespräch mit den Menschen Erfahrungen zu sammeln.  Und man muss auch bereit sein ständig dazuzulernen.  Ich denke, da sind wir auf einem guten und effektiven Weg.  Es geht nicht zuletzt auch darum ihnen Anstöße zu geben, damit sie in die Lage kommen sich mehr und mehr selbst zu helfen. 

Menschen die ökonomisch ganz unten sind und dazu noch von ihre Umgebung bedrückt werden sind nicht in der Lage sich selbst am eignen Zopf aus dem Sumpf zu ziehen.  Erst müssen sie Selbstbewusstsein und Stolz auf ihre Fähigkeiten  entwickeln.  Dann packen sie auch selbst mit an.  Da müssen wir ansetzen – und wir werden auch Erfolg haben, wenn es uns gelingt ein gegenseitiges liebevolles Vertrauensverhältnis zu entwickeln.  Im Falle von  Zukunft Irular und den Menschen in einigen Dörfern ist das auch gelungen. 

Hier hat die Entwicklungspolitik aber auch die innereuropäischen Sozialpolitik noch einen gewaltigen Nachholbedarf an Erkenntnis.

 

Arbeiten denn die Irular an ihrer Entwicklung mit?

Ja – das tun sie, wenn man sie lässt.  Aber man lässt sie nicht immer.  Ich hatte selbst mit einer indischen Betreuungssituation zusammengearbeitet.  Sie hat einiges Gute bewirkt.  Aber sie hat auch die Menschen bevormundet und die Übertragung von Verantwortung an sie verhindert.  Das ist kein Einzelfall.  Betreuende Organisationen sind häufig dominant und tun alles dafür, dass Betreute eben auch Betreute bleiben.  Das liegt ein bisschen in der Natur der Sache. 

Wir haben zusammen mit den Irular eine Irular Frauen Selbsthilfe Society aufgebaut, die vom indischen Staat anerkannt ist.  Das ist jetzt unsere Partnerorganisation.  Und dies hat das Selbstbewusstsein der Frauen in kürzester Zeit in unerwarteter Weise gehoben.  Jetzt wagen  sie im Auftrag ihrer Organisation mit den Behörden zu verhandeln.  Jetzt beginnen sie sich zu wehren. Jetzt kommen Vorschläge, was getan werden soll von ihnen.  Jetzt wirken sie ganz aktiv an ihrer eigenen Entwicklung mit.  Es ist wirklich ganz toll!

Was interessiert Dich persönlich an den Irular?   Sind sie nicht sehr weit weg und sind ihre Wesensart und Kultur für uns nicht sehr fremdartig?

Sicher – die Irular leben weit entfernt von uns.  Aber Wesen und Lebensart sind gar nicht so anders.  Vor allem empfinde ich das Fehlen von ausgeprägten Hierarchien, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, die liebevolle gewaltfreie Erziehung der Kinder und die große Liebe zur Natur als eine uns sehr nahe geradezu moderne Einstellung.  Sie passt in eine ideale Welt, wie wir sie doch alle zumindest erstreben!  Ist dass uns nicht wesentlich vertrauter, als so manches was, sich sogar in unserer unmittelbaren Nähe abspielt? 

Dass sie ihre positiven Emotionen unverkrampft ausleben können, heiter und freundlich sind, und dass sie negative Energien in geeigneter Form rituell abreagieren – in dieser Hinsicht empfinde ich sie als ein großes Vorbild - auch für uns!  Das wollen wir doch alle auch können!  Wir können und sollten so einiges von ihnen lernen.  Auch unsere westliche Welt hat Veränderungsbedarf.  Und wenn wir daran gehen sie umzubauen, kann ein Blick darauf, wie die Ureinwohner ihr leben verbringen, nun wirklich nicht schaden!

Es sind freundliche und liebevoll Menschen, die keinen Hemmungen haben ihre Zuneigung zu zeigen.  Sie sind mir vertraut, und wenn Ihr die Gelegenheit habt, sie kennen zu lernen, kommt Ihr gar nicht umhin sie auch zu mögen.  Manche ihrer Bräuche mögen zwar als fremdartig erscheinen, aber die  Irular selbst sind es nicht!

Ich hoffe Sie verstehen jetzt, weswegen wir sie dabei unterstützen wollen zu überleben!

 

Herzliche Grüße 

Günter Spitzing

Zukunft Irular e.V.

spitzinggu@aol.com

 Neu! Tel.: 040 22604619

„Zukunft Irular e.V“ fördert die Kinder von Ureinwohnern.  Hier erzählt Günter Spitzing über seine Freunde, die Irular.

 Vereinsregister-Nr. 69VR21355

 gemeinnützig und wohltätig!

 (Steuernummer 17/451/04440) 

Irular Kind aus dem Ureinwohnerdorf K.
Irular Kind aus dem Ureinwohnerdorf K.

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Freundliches Mädchen aus Irular Dorf.
Freundliches Mädchen aus Irular Dorf.
Die pfiffige Magalakshmi. Tochter von Shanjiwi.
Die pfiffige Magalakshmi. Tochter von Shanjiwi.
Würdige Ureinwohner-Frau
Würdige Ureinwohner-Frau


freundliches Irular Mädchen

Älterer Ureinwohner.
Älterer Ureinwohner.
Zu Ehren der Gottheit farbig bemalt.
Zu Ehren der Gottheit farbig bemalt.
Irular Mädchen aus K..
Irular Mädchen aus K..
Er trägt die Gottheit aus Neemzweigen.
Er trägt die Gottheit aus Neemzweigen.
Älterer Irular Adivasi
Älterer Irular Adivasi

Schüchternes Irular Kind

Pfiffiges Mädchen aus Shenneri
Pfiffiges Mädchen aus Shenneri
Mädchen aus Tondamanallur
Mädchen aus Tondamanallur
Logo Zukunft Irular e.V.
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