Entwicklung und Kultur

Einbindung von EZ in das jeweilige kulturelle Umfeld.

(Am Beispiel von Kulturwandel über Divination und Orakelwesen)

Präludium

            When I was in 5th grade, during my high school, I had the chance to experience a one-year exchange program in Thailand. There I lived with a native host family and went to public high school with my host sister. This experience in the countryside of Thailand changed my view towards development. Before my exposure to a developing country, I thought that development was equal to westernization and modernization or industrialization. Though these themes are also essential in terms of economic development, development actually deals with community development and sharing of vital resources efficiently. People in my host community seemed to live more happily without really being so called “modernized”, like that of Japanese society living in big cities (where people equate modernization to being busy all the time). One can never tell whether people are happy and enjoying their life simply by how much they earn or how many gorgeous shopping malls they have around their neighborhood.

                 There appears a development dilemma here. While we can simply deny a development method which encourages industrialization regardless of local people’s real benefit, but there still remains an imperative need for countries with huge populations in poverty to reduce inequality and to create self-sufficient communities.

                      Arisa Koyama, Yokohama

Ich zitiere die japanische Anthropologien, weil es ihr interessanterweise auch um die Frage des Wohlbefinden/Wohlergehen geht.  Das kommt zwar in der Psychologie als wissenschaftlicher Begriff vor, aber noch nicht in der Entwicklungszusammenarbeit.  Dabei ist Wohlbefinden  eine der wichtigen Voraussetzungen für eine menschengerechte Entwicklungspolitik. Es geht um Wohlbefinden und  Behaustheit in der überkommenen Kultur.

Entwicklung nur glücken kann, wenn ihr kultureller Aspekt gesehen wird.  

Lehre und Forschung

Im Bereich der akademischen Ausbildung gehören Lehre und Forschung zusammen.

Doch auch bei der Vermittlung von Wissen über eine effektive Entwicklungszusammenarbeit mit menschlichem Antlitz geht es durchaus nicht nur darum, in der Literatur festgehaltenes Wissen didaktisch umzusetzen. Entwicklungszusammenarbeit geht im Idealfall immer Hand in Hand mit eingehenden Untersuchungen darüber, wohin eigentlich Entwicklung zu führen hat und wie sie methodisch auszugestalten ist.

Praktiker der Entwicklungszusammenarbeit, müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie nur dann bestmögliche Bedingungen erreichen können, wenn sie die kulturellen, religiösen und gesellschaftlichen Verhältnisse für die Menschen im zu entwickelnden Bereich kennen.

Entwicklungszusammenarbeit zu lehren oder zu betreiben, verpflichtet auch dazu zu erforschen – und zwar sowohl die Ausgangssituation, also auch die Ausgestaltung des Ergebnisses

Man mag mir entgegenhalten, das dies Erforschen schon weitestgehend geschieht. Dem stimme ich auch zu – soweit es den wirtschaftlichen und den technischen Bereich anbelangt. Die weißen Flecken jedoch sind im kulturellen, religiösen und zum Teil auch im gesellschaftlichen Bereich zu suchen.   Sie betreffen nicht zuletzt den Wandel, der sich im Laufe der Realisierung von Entwicklungsprojekten vollzieht.

Das Problem des Wandels:  Cocacola verdrängt Kokosnuss

Zwangsläufig bringt Entwicklungszusammenarbeit ganz erhebliche Veränderungen mit sich.

Doch aus dieser Selbstverständlichkeit heraus ergeben sich vier wichtige, viel zu wenig berücksichtigte Fragen:

  1. Sollen wir die durch Eingriffe in  Lebensweise und Kultur der Betroffenen auftretenden Veränderung dem Zufall überlassen? Oder aber haben wir die Pflicht die Veränderungen steuern? Daraus wäre zu folgern, dass wir unterscheiden zwischen erwünschten zu fördernden und unerwünschten zu vermeidenden Veränderungen.
  2. Was soll verändert werden und vor allem was nicht?
  3. Wer soll die Veränderungen steuern? Soll das Ausmaß des Veränderung aber auch des Beharrens denen überlassen bleiben, deren Gesellschaft der Entwicklung unterliegt? Oder sind die Entwicklungsspezialisten der westliche Industrienationen auch dafür zumindest mitverantwortlich?
  4. Auf welche Weise sollen Veränderung eingeleitet und wie sollen sie forciert oder gebremst werden?    

Zu 1.

Überlässt man die Veränderung dem Zufall, wird die zu entwickelnde Gesellschaft sehr schnell zum Opfer einer Vercocacolarisierung.

Das hat folgende Gründe

  1. Einflüsse kommerzieller Interessen.
  2. Einflüsse weltanschaulicher Art – etwa Mission.
    Mission wird sehr energisch vorangetrieben vor allem von Fundamentalisten – in Indien von Hindutva-Leuten und vor allem von Christianisten.
  3. Prestige, das diejenige Kultur oder Zivilisation ausstrahlt, die – möglicherweise durchaus auch irrtümlich - als die stärkere empfunden wird. Unverkennbar übt u.a. die technisch und wirtschaftliche Macht der westlichen Gesellschaft einen erheblichen Veränderungsdruck aus.
    Cocacola verdrängt Kokosmilch.
    Ich will ein Beispiel erwähnen, indem es gar nicht um den Veränderungsdruck durch den Westen sondern um eine als dominant empfunden Hindugruppe geht.
    Die Irular verehren ihre Gottheit Kanniyammal in Gestalt des Neembaumes. Irular-Gemeinschaften, die in Kontakt mit Kastenhindus gekommen sind, sehen, dass diese als überlegen empfundene Hindugesellschaften Tempel bauen und ihre Gottheiten als Idole verehren. Also begannen sie selbst Tempel zu bauen – zunächst in Gestalt von armseliger Hütten, weil es zu mehr nicht reichte. Die Tendenz besteht jedoch Steintempel zu errichten und Kanniyammal als Idol darzustellen. Der Grund dafür ist, das man sich davon mehr Anerkennung durch die entsprechenden Hindu-Nachbaren erwartet. Diese Anpassungsleistung scheint zunächst vernünftig zu sein, wird aber dann problematisch, wenn sie Auswirkungen auf das Sozialgefüge der Irular haben sollte. Darüber gleich mehr.
    Folgerung:   Ein Wildwuchs an Veränderungen führt auch zu unwillkommenen Erscheinungen. Daher muss der kulturelle und soziale Wandel gesteuert, möglicherweise auch eingeschränkt werden.

Zu 2.

Die Frage nach dem Was verändert werden soll, hat einen speziellen und eine generellen Aspekt.

+ Spezielle Gesichtspunkte betreffen den Ausgangspunkt der Entwicklung und ihr Ziel. Es ist völlig klar, dass die Ausgangslage in den verschiedenen Gesellschaften jeweils eine ganz andere ist. Deshalb kann die Forschung in der Entwicklungspolitik nie abgeschlossen sein.   In jedem einzelnen Fall ist geisteswissenschaftliche Feldforschung vor Ort - als Ergänzung zur wirtschaftlichen und technischen Planung dringenst erforderlich.  

+ Generelle Gesichtspunkte können jedoch nicht unberücksichtigt bleiben.  Das betrifft besonders an zwei sehr grundsätzliche Forderungen.

I. Wir müssen dafür sorgen, das die Entwicklung die Menschen nicht von ihren Wurzeln abschneidet. Die eigene Kultur muss so weit wie möglich erhalten werden. Wir können es nicht verantworten die Menschen durch Entwicklung in die Heimatlosigkeit zu treiben. Wenn arme Landleute zu wenig zu essen haben, ist es sinnvoll ihre Einkommenssituation zu verbessern – jedoch nicht dadurch, dass ich sie zu abhängigen Industriearbeitern mache, sondern dadurch, dass ich ihnen helfe ihre Landwirtschaft so auszubauen, dass sie davon leben können – und zwar ohne das sie in Abhängigkeit von Saatgut- und Düngermittelproduzenten geraten. .

II. Wir müssen uns für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen. Ich kann nicht argumentieren, dass wir die kulturelle Situation in einem Land, in dem die Frauen radikal unterdrückt werden, respektieren müssen, wenn ich weiß, dass mehr als 52 Prozent der Bewohner dieses Landes überhaupt nicht die Möglichkeit haben zu artikulieren, was für eine Kultur und was für ein Brauchtum sie denn gerne hätten.

Das Übel der Beschneidung von Mädchen zeigt, dass nicht jedes Brauchtum als Weltkulturerbe geschützt werden darf.

Ein Beispiel dafür wie die speziellen und die generellen Gesichtpunkt ineinander verwoben sind, ist folgendes:

Wir fördern die Ausbildung der erwähnten  Irular und wir diskutieren alle Problem mit ihnen.  Christianistische Missionaren und radikale Kastenhindus, wollen sie  beeinflussen und dominieren. 

Da beide Gruppen  wirtschaftlich besser dastehen, ergibt sich eine gewisse Pression auf die Ureinwohner und eine gewisse Versuchung diesem Druck zu erliegen.  Dabei spielen auch wirtschaftliche Interessen religiöser Führer eine ungute Rolle.  Wir von  Zukunft Irular e.V. wollen erreichen, dass sie diesem Druck eben nicht erliegen, sondern ihre Kultur und ihr soziales Leben weiterführen. 

Dafür haben wir sehr  gute Gründe:  Die sozialen und familiären Gruppen sowohl von Hindus und Moslems als  auch von Christengemeinden weisen  enorm steile hierarchische Strukturen auf.  Die Väter und älteren Brüder stehen ganz oben, die Frauen ganz tief unten und die jungen Mädchen sind noch weniger Wert als der Boden auf dem sie stehen. 

Die Irular haben traditionell Gemeinschaften und Familien mit flacher Hierarchie.  Männer und Frauen, Mädchen und Jungen, Ältere und Junge haben nahezu gleich viel zu sagen und sprechen in der Dorfversammlung und in der Familie nahezu gleichberechtigt mit. 

Wir sehen keinen Sinn darin, das zwar der Wohlstand der Irular wächst, sie jedoch gleichzeitig die mit den Menschenrechten nicht zu vereinbarenden Strukturen der Christen, höherkastigen Hindus oder Moslem annehmen.  Wir denken, dass die für die Irular und die ganze Gesellschaft um sie herum besser ist, wenn unsere Adivasi von uns für bessere Lebensverhältnisse ausgebildet werden, zugleich aber die auch in ihren Riten verankerten flachen Hierarchien beibehalten – und zwar auch als nachzuahmendes Beispiel für alle anderen. Die flachen Hierarchien in demokratischen Staaten und flache Sozial- und Familien-Hierarchien der Irular passen gut zusammen. 

Wir diskutieren dies Fragen ganz offen mit unseren Irular.  Wir zeigen ihnen aber auch wie sehr wir ihre Kultur und ihr Sozialleben schätzen.   Das geschieht z.B. durch Teilnahme an ihren Riten.  Es geschieht  dadurch, dass wir das, was sie zubereiten, essen und dass wir sie grundsätzlich als gleichberechtigt und als gleichrangig behandeln. 

Wir haben großen Erfolg damit.   Vor allem auch deshalb. weil wir ihre Kultur und Religion erforschen, weil wir ihnen dadurch zeigen, dass wir uns für sie interessieren.   Das Selbstvertrauen der Irular in ihre eigene sehr liebenswerte Kultur ist gewachsen.  So sind sie heute nicht mehr so anfällig für einen kulturellen Druck von außen. 

Die Unterstützung des Selbstvertrauens ist besonders für diskriminierte Gesellschaften zumindest genauso wichtig wie die wirtschaftlich-technische Unterstützung.

Für mich selbst ist es durchaus ein Aha-Erlebnis gewesen zu erfahren, wie sehr mein persönliches Interesse an den Traditionen der Irular Adivasi einerseits zu einem tiefen Vertrauensverhältnis zwischen mir und den Irular führte, wie sehr es aber auch andererseits deren Selbstvertrauen in den Wert des eigenen Seins stärkte. 

Kulturforschung ist also ein bedeutender Entwicklungsfakor.  

Alle Kulturen verändern sich ständig. Den Kulturwandel unter den Irular habe ich in den letzen 10 Jahren bereits eingehend beobachten und dokumentieren können.   Aber wir können dafür sorgen, dass dieser Kulturwandel ihnen nicht von außen aufgedrängt wird, sondern, dass sie selbst ihn aktiv und kreativ nach ihren eigenen Wünschen mit Engagement und vor allem mit Selbstbewusstsein gestalten.

Kultur ist der geistige Lebensraum des Menschen, eine Wirklichkeit für sich. Jede Generation muss für sich entscheiden und unbeeinflusst von außen entscheiden, was sie an Traditionen übernimmt und was sie verändert.

Zu 3.

Wie intensiv sollen eigentlich die westlichen Helfer in die Problem der zu Entwickelnden involviert werden?

Aus meinen Erfahrungen heraus bin ich mir sicher, dass die Kräfte aus dem Westen , die die Entwicklung betreiben, verstärkt in die Pflicht genommen werden müssen, die Wirkung dessen, was ihre Arbeit als möglicherweise gar nicht beabsichtigtes Nebenprodukt erbringt, wesentlich eingehender zu beachten und auch zu beeinflussen.

Schließlich sind sie für die Art und Weise verantwortlich, wie die entwicklungsfördernden Maßnahmen durchgeführt werden. Und das wirkt sich in entscheidendem Ausmaße auf die Art der Veränderung und die Art der Bewahrung von Kultur und Gesellschaft aus.

Im Grundsatz handelt es sich um die Frage, ob ich die Entwicklung rein nach wirtschaftlichen-technischen Grundsätzen etwa so, wie sie innerhalb westliche Gesellschaften zu handhaben wären, durchführe oder ob ich meinen Entwicklungsmaßnahmen in die vor Ort vorhanden kulturellen, religiösen und sozialen Rahmenbedingungen einbette. Dazu gleich noch mehr.

Die, denen die Entwicklungsmaßnahmen zu Gute kommen, stehen unter dem Anpassungsdruck an die jeweiligen von ihnen subjektiv als stärker empfunden Kräften, unter dem Druck von Missionsbewegung und von kommerziellen Kräften. Es ist eine Illusion anzunehmen, sie wären in der Lage völlig unabhängig zu handeln. Daher müssen die, die Entwicklung betreiben, ihnen den Rücken freihalten. Nur so können die Unterprivilegierten dann ihre Kultur nach eigenen Vorstellungen und eigenen Wünschen weiter entwickeln.

Dass innerhalb der betreuten Gruppe auch noch gegensätzliche Interessen vorhanden sind, macht die Angelegenheit nicht einfacher.

(In der Entwicklungspolitik wurde lange Zeit und wird noch heute de Ideologie gehuldigt, die Gebenden müssten mit en Nehmenden auf gleicher Augenhöhe verhandeln. Im real existierenden Leben ist das unrealistisch. Schließlich haben die Gebenden nicht mit einer sondern mit zwei Gruppen zu tun. Da ist die eigentliche Gruppe, derer, deren sozialer Status und deren Lebensmöglichkeiten angehoben werden soll. Wenn sie wirklich tief depriviert sind, dann können sie sich nicht am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen. Sie brauchen Ermutigung, ja Jahrzehnte hinweg ein fürsorgliches Geleit, bis sie zu einem ausreichenden Selbstbewusstsein gelangt sind. Die andere Gruppe umfasst die Mitglieder der einheimischen Organisation, die im Auftrag der Geberorganisation die Betreuung vornehmen. Hier darf man aber keinesfalls voraussetzen, das diese die gleichen Interessen haben, wie die Angehörigen der Geberorganisation. Auch, wenn sie mithelfen Armut zu erleichtern und Bildung zu verbreitern, so ist es nicht selbstverständlich, ja nicht einmal wahrscheinlich, das sei sich auch für eine Anhebung des sozialen Staus der Betreuten interessieren. Darauf muss aber die Geberorganisation bestehen. Die muss ein Punkt sein der nicht diskussionsfähig ist.)

Zu 4

Um herauszufinden, wie wir die Veränderungen in den Kontext der jeweiligen kulturellen Struktur einbinden können, sind wir wieder darauf angewiesen zu forschen. Wir haben herauszufinden, wie in der jeweiligen Kultur Veränderungen vor sich gehen, um dann die entsprechenden Möglichkeiten einerseits als Vehikel für unsere Entwicklungsprojekte zu nutzen und andererseits die Wahl zwischen wünschenswerten und unwillkommenen Veränderungen zu treffen.

Die Kulturtypen – Schriftkulturen und schriftlose Kulturen

Als Grundlage für derartige Forschungen wäre zunächst festzustellen, welchem religionskulturellen Typus die Gesellschaft angehört, mit der wir zu tun haben.

 

+   Da wären zunächst einmal die Kulturen mit schriftlich fixierten Regelwerk, wie Christentum und Islam. Wer mit solchen Gruppierungen arbeitet, tut gut daran sich einige Kenntnisse von Bibel und Katechismus beziehungsweise von Koran und Hadith anzueignen.
Dies entbindet nicht von Feldforschungen über die lokalen Eigenheiten der jeweiligen Gruppierungen und über dort existierende Partikularinteressen.   Dabei kann man durchaus überraschende Entdeckungen machen.

Alles in allem ist mitunter die Einfügung von Entwicklungszusammenarbeit in Kulturen mit festen schriftlichen Traditionen nicht besonders einfach. In einigen Teilen der Welt sagen Christianisten den Weltuntergang für die nächste Zeit voraus. Von denen mag einem ein derartiges Argument entgegengehalten werden: „Wieso sollen wir uns dafür einsetzen noch ein Wasserbecken anzulegen. Für die paar Jahre oder Monate, da die Welt noch steht , lohnt sich das doch nicht mehr. Wir wollen lieber die Menschen evangelisieren.“

Ich denke da an eine eigentlich sehr kompetenten Anwalt, der durchaus Leuten, die man um ihre Hütten bringt, erfolgreich vertreten könnte. Aber er zieht es vor den Leuten aus der Bibel vorzulesen. Das Seelenheil zu retten ist für ihn – und leider ist er nicht alleine – sehr viel wichtiger, als die Lebenssituation der Menschen zu verbessern. Es ist auch billiger zu haben und entzieht sich erfolgreich jeder Erfolgskontrolle. .

+   Anders bei den schriftlosen Kulturen, wie den Irular oder auch bei den Kulturen, die zwar durchaus auch Schriften haben, bei denen aber vorschriftliche Bräuche noch ein große Rolle spielen. Dazu gehören einige indonesische Ethnien, u.a. die von Bali.

Die Irular lebten bis 1976 als Sammler und Jäger von Kleintieren. Dann wurde ihnen von der Forstverwaltung der Zutritt zu ihren Wäldern verboten. Ihre Religion ist schriftlos. Sie konnten und können – da wo wir noch nicht helfen – bis heute noch nicht lesen und schreiben.

Wir können also in Diskussionen mit ihnen weder mit Bibel-, noch Koranstellen, noch Versen aus den Veden argumentieren.

Für mich stellte sich nun die Frage, wie geschieht bei Ihnen Anpassung an Neues und Veränderung.

Nun – wir haben das beobachten können. Es geschieht durch Methoden der Divination.

Divinationen sind Anfragen an eine Gottheit oder an ein Geistwesen.

Bei den Irular konnte ich zwei Typen von Divinationen beobachten:

1.  Orakel. Sie beantworten Fragen die sich mit einem Ja oder Nein -Nein beantworten lassen.

2.  Befragung eines Mediums in Trance-Besessenheit. Die Gottheit spricht aus dem Medium und tut so ihren Willen kund.
Durch den Mund des Mediums und eventuell die ergänzenden Aussagen von jemanden, der interpretiert, lassen sich kompliziertere Fragen erörtern.

Divination: Orakel und Trancebesessenheit

Das sind Irular. Sie wurden von der Administration von ihrem Land, das sie Jahrzehnte hindurch bewohnten haben, vertrieben.   Wir haben nun für sie Land erworben, so dass sie wieder in das Dorf ihre Freunde und Angehörigen zurücksiedeln konnten.

Im Bilde (oben links) sehen sie, wie die Irular anlässlich eines viertägigen Jahresfestes eine Gottheit aus Neemzweigen formen. Das geschieht vor einem See, dem Sitz der Gottheit.

Im Laufe des Fests findet eine Orakel statt. (2. u. 3. Bild)

Auf eine geschmückte Kokosnuss wird eine Limone gelegt. Die Fragesteller konzentrieren sich mit einer Frage auf die Limone.

Es kann sich um eine persönliche Frage handeln, etwa soll ich mein Kind an die Schule schicken oder nicht.

Es kann sich auch um einen die Sozialgruppe betreffende Frage handeln: Sollen wir unseren Tempel in Form einer Holzhütte durch einen Steinbau ersetzen – ja oder nein?

Oder?

Soll die Gottheit aus Neem-Zweigen jetzt in den See heimkehren? Ja oder nein? Fällt die Limone nach vorne herunter, so heißt das Ja.  Kullert sie nach hinten , so ist das ein Nein.

Die folgenden Aufnahmen zeigen Beispiele für Trancebesessenheit. Die Gottheit hat vom einem ihrer Verehrer Besitz ergriffen. Er handelt jetzt nicht mehr, sondern sie agiert in seinem Körper. Es gibt sehr verschieden Formen von Trance. In diesem Fall schlägt der in Trance befindliche sein Messer gegen seine Brust. Dabei entstehen keine Verletzungen.

Das ist vergleichbar mit Kristanz in Bali,. Dort richtet der in Trance befindliche die Spitze seines Malaiendolches gegen seine Brust und drückt dagegen ohne dass die Spitze in die angespannten Muskeln eindringen kann. In beiden Fällen haben die für den, der mit solchen Erscheinungen wenig Erfahrungen hat, etwas befremdlichen Aktionen eine individuell und sozial heilsame Funktion.   Damit werden negativen psychische Energien, die sich als Folge von Angst, Trauer, Ärger im Lauf der Zeit bilden abgetötet und über-wunden. Das dient der psychischen und sozialen Gesundheit. (In diesem Sinne hat die Irulargesellschaft das Problem der Angst besser im Griff als unser eigen Gesellschaft.)

Dass auch Frauen in diese Trancekultur einbezogen werden, weist auf das hohe Maß an Gleichberechtigung hin, auf die bereits erwähne flache Hierarchie.

Nach Abschluss der Aktion in Trance Besessenheit, bricht die (oder der) Betroffene zusammen, wacht dann aber nach wenigen Minuten erschöpft, aber zugleich entspannt und zufrieden wieder auf.

Im letzten Bild geht es um eine Sonderform von Trance. Medial veranlagte Leute wie religiöse Führern, können sich selbst in Trance versetzen. Durch Riten , die sie vollziehen, oder auch mit Hilfe einer Trommel.

In Trance geben sie auf Fragen Antwort

Die Antworten können durch Sachkundige, beispielsweise die Frauen der Trancemedien erläutert werden.

 

Wir halten fest

Divination und Orakelwesen sind keineswegs abergläubische Praktiken, die der Willkür Tor und Tür öffnen. Es handelt sich vielmehr um Mittel, mit denen erforderliche Veränderungen in Gesellschaft oder Familie

+++ (schnell) herbeigeführt werden und

+++ legitimiert werden.

Entwicklungsprojekte sind auf Legitimation angewiesen. Also wird man das Risiko auf sich nehmen müssen sie der Divination unterziehen zu lassen.

Wir versuchen also, die Entwicklungsmaßnahmen in die Kultur einzugliedern.

Wir hoffen dadurch die negativen Erscheinungen, wie sie ansonsten beim Zusammentreffen der westliche Kultur und traditioneller Kulturen entstehen, zu vermeiden.  

 

Durch das Einbetten der Entwicklungsprojekte in die vorgefundene Kultur erreichen wir, das Dominanz der westliche Zivilisation vermieden wird. Wir sehen allerdings, das auch schon eine wirtschaftliche stärker Leitkultur einer kleineren und ärmeren Ethnie gefährlich werden kann. Auch die indische Mainstream-Kultur kann die Kultur einer kleineren Gruppe von Adivasi überwältigen und zerstören.

In Zwei Welten leben

Die wertvollen kleineren Kulturen mit ihren menschenfreundlichen Auswirkungen könne nur dann überleben, wenn die Menschen der schwächeren Ethnie lernen in zwei Welten zu leben – einerseits In der Mainstream-Kultur um dort ihre Brötchen zu verdienen und andererseits in ihrer eigenen Kultur um dort Behaustheit und Glück zu erleben.   Dies in Zusammenwirken mit den Irular zu erreichen ist unser Ziel.

Es geht uns in erster Linie um das Glück und die Behaustheit der einzelnen Menschen..

Darüber hinaus meine ich jedoch, das nicht nur Artenschutz für Tier und Pflanzen von Bedeutung ist, sondern auch der Schutz gefährdeter Kulturen.

Ein langfristig wirkende (für uns alle) unheilvolle Gegenkraft ist allerdings die durch die sogenannte Globalisierung bewirkte Akzeleration in allen Lebensbereichen.

Anthropologie der Entwicklung

In dieser Hinsicht fördernd zu wirken, setzt bei allen mit der Entwicklungszusammen-arbeit befassten voraus, vermehrte Forschungsanstrengungen auf sich zu nehmen.

Dringend erforderlich ist zunächst einmal einen Anthropologie der Entwicklung zu erarbeiten, die die Grundsatzfrage zu beantworten hat, wohin Entwicklung gehen soll.

Wirtschaft und Technik zu entwickeln ist wichtig. um die Lebenssituationen zu verbessern. Wirtschaftliche und Technische Entwicklung ist aber kein Selbstzweck. Und sie sind schon gar nicht eine Glücksgarantie für die Menschen.

Behaustheit und Glück kann man zwar nicht in allen, aber doch in vielen traditionellen Kulturen finden. Und deren Erhalt zusammen mit wirtschaftlichem und technischem Fortschritt hinzukriegen – das ist unser eigentliche Aufgabe.

Sie wird nicht zu lösen sein, ohne das man die Ausschließlichkeit der Deutungshoheit durch die westliche Wissenschaft mit einem Fragezeichen versieht.

Irgend jemand wird eine Antwort auf alle diese Fragen finden müssen – und es spricht nichts dagegen, dass wir damit anfangen dies zu tun.

Rückwirkung der Adivasi Gesellschaft auf die westliche Gesellschaften

Die Erfahrung mit der ureigene Welt der Adivasi kann und soll uns durchaus zum Umdenken über den Weg unserer eignen Kultur veranlassen.

+ Erhalt der Wurzeln

Dazu gehört die Beschäftigung mit der philosophischen Traditionen, die durch die Griechen eingeleitet wurde.

+ Herunterfahren des Beschleunigungswahnsinnes (Decrescendo für die Akzeleration).

Beim augenblicklichen Tempo kommen viele unter die Räder. Auf die Bremse treten heißt die Devise.

+ Ausbildung für ein Leben in mehreren Welten.

Die Adivasi müssen das tun, wenn sie überleben wollen. Wir sollten das tun, damit wir weise werden und unser Leben nicht zu Ehre der Ökonomie verplempert wird, sondern lebenswert gestaltet.

+ Förderung selbstständiger Arbeit, die wiederum selbstständiges Denken fördert. Die Demokratie braucht Menschen , die selbstständig und verantwortlich agieren können. Selbstständig Kleinbetriebe, kleine Landwirtschaft sind nötig. Riesenbetreibe vergößern die Abhängigkeit der Menschen und machen sie demokratieunfähig,.

+ Sozialpflichtigkeit der Wirtschaft. Konstitutionelle Wirtschaft. Wir brauche eine weltweite Verfassung für wirtschaftliches Verhalten, das die Macht der Konzerne in einem für alle erträglichen Rahmen fasst.

f.k.j.@web.de

Tel.: 040 7424801

„Zukunft Irular e.V“ fördert die Kinder von Ureinwohnern.  Hier erzählt Günter Spitzing über seine Freunde, die Irular.

 Vereinsregister-Nr. 69VR21355

 gemeinnützig und wohltätig!

 (Steuernummer 17/451/04440) 

Irular Kind aus dem Ureinwohnerdorf K.
Irular Kind aus dem Ureinwohnerdorf K.

Aktuelles >> HIER + >> HIER

English Pages >>> HERE

Freundliches Mädchen aus Irular Dorf.
Freundliches Mädchen aus Irular Dorf.
Die pfiffige Magalakshmi. Tochter von Shanjiwi.
Die pfiffige Magalakshmi. Tochter von Shanjiwi.
Würdige Ureinwohner-Frau
Würdige Ureinwohner-Frau


freundliches Irular Mädchen

Älterer Ureinwohner.
Älterer Ureinwohner.
Zu Ehren der Gottheit farbig bemalt.
Zu Ehren der Gottheit farbig bemalt.
Irular Mädchen aus K..
Irular Mädchen aus K..
Er trägt die Gottheit aus Neemzweigen.
Er trägt die Gottheit aus Neemzweigen.
Älterer Irular Adivasi
Älterer Irular Adivasi

Schüchternes Irular Kind

Pfiffiges Mädchen aus Shenneri
Pfiffiges Mädchen aus Shenneri
Mädchen aus Tondamanallur
Mädchen aus Tondamanallur
Logo Zukunft Irular e.V.
Logo Zukunft Irular e.V.

Spendenkonto:

Commerzbank Hamburg

Konto Günter Spitzing (Irular)

IBAN:  DE96 2008 0000 0330 4425 00 

BIC:  DRESDEFF200